Der Auschwitzgedenktag am Geschwister-Scholl-Gymnasium
Ein Anfang

„Das Schlimmste für mich war, dass ich nicht wusste, ob ich diesen Tag überlebe. Die ganze Zeit, jeden Tag.“, so Werner Reich, er war als 16-Jähriger in Auschwitz. Wir sehen den Film von seinem Vortrag im letzten Jahr.
Er hat überlebt.
Die unfassbare Wirklichkeit von Auschwitz steht im Raum, aber auch der Optimismus und die Zugewandtheit von Herrn Reich.
Überblick
Anlässlich des Gedenktages zur Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz fanden an unserer Schule zwei Vortragsveranstaltungen statt.
Am 27.1. sprach der Historiker und Sozialwissenschaftler Dr. Heiko Wegmann über die SS in Waldkirch und veranschaulichte seinen Beitrag aus dem Buch zur Waldkircher Lokalgeschichte im NS „Hier war doch nichts“ auf eindrucksvolle Weise.
Am 28.1. sprach die Historikerin und Kommunikationswissen-schaftlerin Sophie von Bechtolsheim über ihren Großvater Graf Schenck von Stauffenberg und brachte den Schülerinnen und Schülern vor allem den Menschen und seine Familie näher.
Bericht zum Vortrag:
Der SS-Sturm Waldkirch, Dr. Heiko Wegmann
Ein exemplarisches Beispiel:
„Ich kann mir für einen Nationalsozialisten nichts Schöneres denken, als den gewaltigen Kampf an der Ostfront, der … mit jedem Schuss Vernichtung des Untermenschentums bringt.“
So schreibt NS-Bürgermeister Kellmayer aus dem sicheren Rathaus in einem seiner Briefe an die Frontsoldaten aus Waldkirch. Zu dieser Zeit diente SS-Mann Beck an einer „anderen Front“. Er war Wachmann seit 1941 in Auschwitz, später – er war Ingenieur – gehörte er bis 1945 zur Zentralbauleitung des Lagers. Nach dem Krieg wurde er zunächst von der Entnazifizierungskommision als Schuldiger(1947), dann als Minderbelasteter(1948) und schließlich als Mitläufer(1950) eingestuft. Die Behörden wussten, dass er in Auschwitz gewesen war. Das spielte aber im Verfahren keine Rolle. Verschleiernd schrieb er nach dem Krieg, er habe eine Infanterieausbildung (das war der Wachdienst) gemacht und sei bei der Bauinspektion Schlesien (das war seine Arbeit in Auschwitz-Birkenau) gewesen. So erhielt man nach dem Krieg seinen Persilschein und lebte als „unbescholtener“ Bürger in Gutach. Beck starb 2002 als 92-Jähriger in Waldkirch.
Nichts zu dem, was er im Vernichtungslager Auschwitz tat! –
In Auschwitz-Birkenau wurden täglich ca. 6000 Menschen getötet.
Insgesamt gab es dort mehr als 1 Million Ermordete.

Es ist nicht einfach zu begreifen, was der Historiker und Sozialwissenschaftler Heiko Wegmann berichtet, welche Fassade die Angehörigen der SS aufbauten und wie die Mitbürgerinnen und Mitbürger diese allzugerne annahmen. Noch lange sagten sie auch zu Karl Jäger aus Waldkirch: „Das kann nicht so gewesen sein, das war ein feiner Mann, das war einer von uns.“ In Litauen organisierte und führte dieser die Tötung von über 137 000 Menschen, vor allem Juden, durch.
Im Weiteren geht es um die Entwicklung des SS-Sturms, den Jäger mehrere Jahre leitete. Viele Namen, hinter denen sich ein Alltag in der Diktatur und mit denen sich jetzt für die Schülerinnen und Schüler auch die Beschönigung, Verschleierung und Verdrängung im Nachkriegsdeutschland bis heute verbindet. So äußerte sich die Tochter von Oberstudiendirektor Dr. Glattes (von 1941 – 43 Schulleiter an der Vorgängerschule des GSG) gegenüber Herrn Wegmann, der ihr sein akribisch recherchiertes Material zur Verfügung stellte: „Er war kein Antisemit.“ Dabei war ihr Vater, hochgelobt von der Gauleitung, bekannt für seine Schulungen der Polizei in NS-Weltanschauung. Ein Zitat: „Mein persönlicher Ehrgeiz und mein Lebensziel gehen dahin, ein ausgezeichneter Lehrer und Erzieher nationalsozialistischer Jugend zu werden.“ L. Glattes (1937)
Die Schülerinnen und Schüler erfahren vieles über ihren Heimatort, über das Elztal in der NS-Zeit, die Legenden vom katholischen Selbstverständnis dieser Männer, prallen ab vor deren mehrfach bezeugter NS-Haltung. Richtig, manche wie Max Beyer machen keine Karriere, bleiben katholisch und heiraten nicht, wie von der SS gefordert. Aber ihre rassistisch-nationalsozialistische Gesinnung bleibt außer Frage.
Im Laufe des Vortrags fallen viele Namen und es wird deutlich, wie umfassend die Verstrickungen ins NS-Regime auch hier in Waldkirch waren. Waldkirch war eben keine Ausnahme, es war nicht anders als in vielen anderen Orten. Anders ist hier in Waldkirch, dass nunmehr vieles nach mühsamen Recherchen aufgearbeitet ist, und Herr Wegmann verweist zurecht auf das Buch „Hier war doch nichts!“, in dem uns noch viel Wichtiges aus dieser Zeit vermittelt wird, auch Postives wie zu den Brüdern Pfeifer, zwei kommunistischen Widerstandskämpfern.
Bericht zum Vortrag/Ein Link zum sehr lesenswerten Bericht von Frau Tessa Hurth von der Konrad Adenauer Stiftung
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Frau von Bechtolsheim
„Kein Held, aber ein Vorbild.“
Frau von Bechtolsheim hält nichts davon, ihren Großvater auf einen hohen Sockel zu stellen. Sie sehe diese Heldenverehrung eher kritisch und missbillige die Vereinnahmung Stauffenbergs durch die neue Rechte. Ihren Großvater sieht sie als Vorbild, der uns zeige, dass jeder für sein Handeln Verantwortung übernehmen müsse in der Situation, in die man gesellschaftlich und persönlich gestellt worden sei. Dies habe ihr Großvater getan mit allen Brüchen seiner Biografie.

Vor den Augen der Schülerinnen und Schüler entwickelt die Referentin und Autorin des Buches „Mein Großvater war kein Attentäter“ ein differenziertes, facettenreiches Bild ihres Großvaters, sieht ihn als Teil einer Adelsfamilie aus dem schwäbischen Lautlingen und aus dem Umfeld des württembergischen Königshauses. Auch zeigt sie, dass er im militärischen Widerstand eine unter vielen interessanten Persönlichkeiten war. Natürlich sei er von seiner militärischen Umgebung geprägt gewesen, dies habe ihn aber schnell zur Ablehnung der inhumanen Politik der Nationalsozialisten geführt. Schon 1941/42 in der Kriegswirklichkeit des Vernichtungskrieges war er sich sicher, dass Hitlers Wahniddeen nur durch dessen Tod gestoppt werden könnten. Das tragische Scheitern des Attentats vom Juli 1944 erläutert sie detailliert. Im Nachgespräch reflektiert sie eindrucksvoll, wie die Familie und vor allem ihre Großmutter damit umgingen. Hier nur ein paar Stichworte: Sippenhaft für die Angehörigen, ein unmenschlicher Schauprozess und die „Diffamierung“ der Widerstandskämpfer als Vaterlandsverräter bis weit in die Nachkriegszeit hinein.
Frau Bechtolsheims klarer Appell zum Einsatz für unsere Demokratie, die ohne die Widerstandskämpfer ärmer wäre, beschloss ihren Vortrag und wir sind froh, dass die Konrad Adenauer Stiftung uns diesen Vortrag vermittelte.
Zurück zum Film:
Herr Reich hat uns von den Schrecken unter der NS-Diktatur, von der „Hölle“ in Auschwitz erzählt. Jetzt sagt er gerade, wie schwer es ihm gefallen sei nach über 70 Jahren wieder nach Deutschland zu kommen und Deutsch zu sprechen. Doch er sei froh, dass er dies gemacht habe, er spricht uns als Freunde an und appelliert an uns, nicht wegzuschauen und zu schweigen, wenn Menschen in Not sind und zu uns fliehen.
„Bitte seid kein schweigender Freund!“, mit diesem Appell endet der Film.
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